Sachstand der Impfstoffbestellung
Die EU hat gemeinsam mit den Mitgliedstaaten knapp 2,3 Mrd. Impfstoffdosen für die rund 450 Mio. EU-Bürgerinnen und Bürger von sechs Herstellern gesichert (mehr als das Doppelte der benötigten Menge). Zugelassen wurden davon bereits die Impfstoffe von Moderna (160 Mio. Dosen, Nachverhandlungen laufen, für Deutschland bedeutet das 50,5 Mio. Dosen) und BioNTech/Pfizer (600 Mio. Dosen; für Deutschland bedeutet das mind. 111 Mio. Dosen), von denen jeweils zwei Dosen pro Impfung benötigt werden. (BMG Informationen)
Vorteile einer gemeinsamen europäischen Bestellung
Eine gemeinsame Beschaffung ermöglicht - durch die gestärkte Verhandlungsposition gegenüber den Pharmaunternehmen - viele Vorteile für den Verbraucher wie niedrigere Preise, schnellere Lieferfristen und ein besseres Haftungsregime. Medienberichten zufolge haben die USA anders als die EU den Herstellern eine Haftungsfreistellung im Falle unvorhergesehener Nebenwirkungen garantiert. Dies ist durch die untypische Notfallzulassung auch in Großbritannien der Fall.
Ganz wichtig ist die europäische Solidarität. Am Anfang der Pandemie sind in Italien viele Ärzte und Pflegekräfte gestorben, weil es keine Masken gab. Trotzdem haben einzelne Mitgliedstaaten Exportverbote für Masken ausgesprochen. Diese und viele andere zu national gedachte Entscheidungen haben die Europäische Union an den Rand einer Spaltung gebracht. Deswegen war es richtig, dass sich Rat, Parlament und Kommission auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt haben. Man darf sich auch nicht die Illusionen machen, dass Deutschland es durchgehalten hätte, rein national zu handeln. Es hätte zu neuen Spaltungstendenzen geführt, wenn wir uns selbst mit Impfstoffen gut versorgen, unsere Nachbarn aber nicht.
Impfstoff-Strategie der EU
Die Europäische Impfstoffstrategie vom Juni 2020, die von allen Mitgliedstaaten und allen wesentlichen Fraktionen im Europäischen Parlament mitgetragen wird, verteilt die Risiken breit und setzt nicht alles nur auf einen Kandidaten. Die Kommission hat drei Impfstoffe mit der modernen mRNA-Technologie bestellt (BioNTech, Curevac, Moderna), aber auch zwei Impfstoffe mit der zwar auch noch sehr neuen, aber bereits besser erprobten Vektortechnologie (AstraZeneca und Johnson&Johnson) und darüber hinaus noch einen Impfstoff, der auf der etwas traditionelleren proteinbasierten Technologie ruht (Sanofi). Daneben liegen der Strategie weitere Kriterien wie Massenproduktion sowie Haftungs- und Logistikfragen (zB sicherer Vertrieb, extrem niedrige Lagertemperatur und Kühlketten) zugrunde.
Ablauf der gemeinsamen Bestellungen
Bei den Verhandlungen mit den Impfstoffherstellern handelt es sich um einen gemeinschaftlichen Kraftakt. Dabei nahm ein europäisches Verhandlungsteam der Europäischen Kommission gemeinsam mit Vertretern untern anderem der Bundesregierung bereits im Juni die Verhandlungen mit den Kandidaten auf Grundlage der Impfstoffstrategie auf. Zu diesem Zeitpunkt war die Wirksamkeit und der Erfolg aller Impfstoffkandidaten objektiv nicht ersichtlich.
Das Verhandlungsteam orientiert sich dabei - neben der Impfstoffstrategie - auch an dem Interesse der Mitgliedstaaten, die sich im sogenannten Lenkungsausschuss koordinieren. Der Lenkungsausschuss mit den Vertretern aller Mitgliedstaaten bestimmt über das Impfstoffportfolio und die Mengen. Die Mitgliedstaaten wurden somit schon früh in den Verhandlungen gefragt, welche Menge von welchen Impfstoff sie bestellen wollten. Im Sommer zeigte sich noch ein geringes Interesse hinsichtlich der neuen mRNA-Technologie.
Nach Vertragsschluss und Lieferung werden die Impfstoffe dann nach einem auf der Bevölkerungszahl beruhenden Verteilungsschlüssel aufgeteilt. Änderungen beispielsweise durch das nicht Abrufen eines Landes gewisser Dosen sind natürlich möglich.
Impfstoffengpass am Anfang
Die Probleme beim Fortschritt der Impfungen liegen nicht bei den Bestellungen, sondern bei der Produktion. Es war immer klar, dass mit Erteilung einer Zulassung noch nicht sofort genügend Impfstoff für alle vorhanden sein wird. Daher ist es wichtig, die Risikogruppen zuerst zu impfen und die Produktionskapazitäten schnellstmöglich auszubauen. Die EU hat hier zum Beispiel BioNTech beim Aufbau von Produktionskapazitäten mit 100 Millionen Euro gefördert. Aus logistischen Gründen können zudem nicht alle Mengen gleichzeitig verabreicht werden.
Stand: 8.01.2021
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