Renate Sommer (EVP/CDU):
Entschließung über den Jahresbericht Türkei 2015
Zur Abstimmung im Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments über die Resolution zum Jahresbericht Türkei 2015 nimmt die Türkei-Berichterstatterin der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Dr. Renate Sommer (CDU) wie folgt Stellung:
"Ohne Unterstützung seitens der Türkei wird es in der EU keine Entspannung in der Flüchtlingskrise geben. Aber natürlich gibt es diese Hilfe nicht umsonst. Die Forderungen der Türkei sind bekannt, und es ist richtig, mit ihr auf konstruktive Lösungen hinzuarbeiten. Aber wir müssen auch klar sagen, dass es keine Rabatte oder Blankoschecks geben wird. Eine Vermischung der Flüchtlingskrise mit den Beitrittsverhandlungen oder mit Visaerleichterungen darf es nicht geben. Die EU gründet sich auf gemeinsame Werte, die nicht wegverhandelt werden dürfen. Dies stellen wir in unserer Resolution unmissverständlich klar. Die Eröffnung von Verhandlungskapiteln ist an strikte Bedingungen geknüpft, und auch für Visaerleichterungen gelten umfangreiche Vorgaben.
Ob die Türkei dies akzeptieren wird, ist fraglich. Nach Erdogans Vorstellung soll das Land genau so der EU beitreten, wie es ist. Und genau das sollte die Verstaatlichung der großen regierungskritischen Zeitung Zaman am Tag vor dem vergangenen Gipfeltreffen unterstreichen.
Aber der innere Zustand der Türkei ist alarmierend. Insbesondere bei Menschenrechten, Rechtstaatlichkeit, Presse- und Meinungsfreiheit gab es im vergangenen Jahr weitere gravierende Rückschritte. Im Südosten lässt die türkische Regierung ganze Städte zerschießen und die kurdische Zivilbevölkerung vertreiben. Ein Exodus hat eingesetzt. Jüngsten Informationen zufolge sollen sich schon 500.000 Kurden auf den Weg nach Westen gemacht haben. Dies könnten die neuen Asylsuchenden und damit ein zusätzliches Problem für die EU werden. Die Friedensgespräche der letzten Jahre mit den Kurden waren eine Farce.
Im Hinblick auf den Zypernkonflikt unterstützen wir nachdrücklich die laufenden Verhandlungen zur Wiedervereinigung der Insel. Ohne einer Lösung vorgreifen zu wollen stellen wir eindeutig fest, dass sich die neue, bizonale Republik Zypern natürlich auf der Basis der existierenden entwickeln muss. Das sorgte schon direkt nach unserer Abstimmung für ungehaltene Reaktionen der türkisch-zypriotischen Seite. Ganz offensichtlich ist die Türkei nach wie vor nicht bereit, die Republik Zypern als Staat anzuerkennen. Damit schießt sie wieder einmal ein Eigentor, denn folglich wird die Republik Zypern die Eröffnung neuer Verhandlungskapitel für die Türkei blockieren.
Nicht nur die EU, sondern auch die Türkei muss ihren Verpflichtungen nachkommen. Ein Beitritt in die Europäische Union ist nicht erpressbar und in der gegenwärtigen Situation in ganz weiter Ferne!"
Für weitere Informationen:
Dr. Renate Sommer MdEP, Tel. +32 2 284 7383