Statement: Sommer zur Lage in der Türkei

07.10.2015

Renate Sommer (EVP/CDU):

Zur heutigen Debatte des Europäischen Parlaments über die Lage in der Türkei sagte die ständige Türkei-Berichterstatterin des EVP-Fraktion, Renate Sommer (CDU):

"Die Türkei war und ist ein wichtiger, strategischer Partner für die EU, besonders in diesen Tagen.  Dennoch ist die innerpolitische Situation brandgefährlich. Erdogan regiert auch als Präsident weiter, unter Missachtung der türkischen Verfassung. Und er versucht alles, um seiner AK-Partei wieder die absolute Parlamentsmehrheit zu verschaffen. Dafür ist ihm sogar  die Flüchtlingskrise recht. Erdogan benutzt die Kriegsflüchtlinge als Druckmittel gegenüber der EU. Natürlich ist die Türkei ganz wesentlich mit verantwortlich für den Massenzustrom nach Europa. Die türkischen Grenzen wurden sehr gezielt geöffnet. Schlepperbanden lässt man gewähren; so gelangen täglich Tausende per Boot aus türkischen Hafenstädten über die Ägäis in die EU.

Damit missachtet die Türkei das Rückübernahmeabkommen mit der EU. Die Visaliberalisierung, die eigentlich an die vollständige Umsetzung der Rückübernahme gekoppelt ist, kann man schließlich auch über den Flüchtlingsdruck erzwingen. Das wäre natürlich ein schönes Wahlkampfgeschenk für Erdogan. Die EU-Kommission ist schon zu vielen Zugeständnissen bereit, wie beispielsweise bei der plötzlichen Vertagung der Veröffentlichung des aktuellen Fortschrittsberichts zur Türkei. Natürlich ist Erdogan daran gelegen, vor der Wahl am 1. November keine öffentliche Rüge für die unhaltbaren Zustände in seinem Land zu bekommen. Es geht also längst nicht nur um Geld. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Natürlich müssen wir die Türkei bei der Versorgung der Flüchtlinge finanziell unterstützen. Das sind wir den Schutzbedürftigen schuldig. Denn nur ein Bruchteil dieser Menschen wird bisher in den Lagern entlang der syrischen Grenze versorgt. Die große Mehrheit muss betteln oder sich mit schlecht bezahlter illegaler Arbeit durchschlagen. Asyl gibt es für diese Menschen nicht in der Türkei, nur Duldung. Und die Fremdenfeindlichkeit wächst. Dennoch müssen auch dieser Ausnahmesituation die geltenden Regeln eingehalten werden. Auch jetzt darf es für die Türkei keine Beitrittsrabatte geben. Europäische Werte sind nicht verhandelbar, und die EU darf sich schon gar nicht erpressen lassen."

Für weitere Informationen:
Dr. Renate Sommer MdEP, Tel. +33 388 17 7383