Renate Sommer (EVP/CDU):
Das Europäische Parlament hat gestern in einer von allen Fraktionen getragenen Entschließung der 1,5 Mio. Opfer des Völkermords an den Armeniern aus dem Jahr 1915 gedacht und die Türkei aufgerufen, sich dem Gedenken an den 100. Jahrestag anzuschließen und den Genozid anzuerkennen. Die ständige Türkei-Berichterstatterin der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Dr. Renate Sommer, MdEP (CDU), begrüßt die Resolution als deutliches Signal an Ankara:
"Das Jahr 2015 markiert den 100. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern im Osmanischen Reich. Es ist wichtig, dass wir die Erinnerung an die bis zu 1,5 Millionen unschuldigen armenischen Opfer wachhalten. Ohne Wahrheit und Gedenken kann es keine Aussöhnung geben. Wir verurteilen in unserer Entschließung alle Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie alle Völkermorde und bedauern zutiefst jeden Versuch, diese zu leugnen.
Es ist uns mehr als unverständlich, dass sich die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches nach wie vor weigert, dieses schreckliche Ereignis als Völkermord anzuerkennen. Im Gegenteil: Die türkische Seite betreibt Geschichtsklitterung. Schüler lernen in der Schule lediglich von "den Ereignissen von 1915" und dass es ein "Armenier Problem" gab, das dann plötzlich 1920 mit der Unterzeichnung des Gümrü-Abkommens mit Armenien "verschwand". Es finden sich keine Angaben zu Opferzahlen oder zu den genauen Umständen, die zu dem Tod der vielen Menschen führten. Zugegeben wird lediglich, dass "ein Teil" der Armenier die angeordnete Umsiedlung im Jahr 1915 nicht überlebte. Und wie schon vor zehn Jahren erscheinen auch in diesem Gedenkjahr wie zufällig Bücher und Abhandlungen darüber, dass nicht etwa die Armenier ermordet wurden, sondern dass sie es waren, die massenhaft osmanische Soldaten umbrachten. Eine gründliche Untersuchung und Aufarbeitung wird konsequent behindert, und der Begriff "Armenier-Genozid" ist unter Strafe verboten.
Natürlich hat Papst Franziskus völlig Recht, wenn er diesen Völkermord, der Hitler die Idee für den Holocaust gab, als erste große Tragödie des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Und es ist eine Schande, dass die Türkei darauf mit Beleidigungen und Anfeindungen reagiert. Die türkische Seite hatte auch bis zuletzt mit aller Macht versucht, unsere Resolution zu verhindern. Aber das Europäische Parlament hat nun mit der einstimmigen Annahme der Entschließung zum 100. Jahrestag des Armenier-Genozids ein mehr als deutliches Signal in Richtung Ankara gesendet. Die Türkei muss sich endlich ihrer Vergangenheit stellen."
Für weitere Informationen:
Dr. Renate Sommer MdEP, Tel. +32 2 284 7383