Das Europäische Parlament hat heute einen Initiativbericht zur Lage der Patientensicherheit in der EU angenommen. Darin verweisen die Abgeordneten auf die hohe Anzahl therapieassoziierter Infektionen in Krankenhäusern und fordern die Mitgliedstaaten auf, die Ratsempfehlungen von 2009 zur Verbesserung der Patientensicherheit umzusetzen. Insbesondere mit Blick auf die Ausbildungsprogramme für das Pflegepersonal und die Entwicklung eines EU-weiten Meldesystems von Zwischenfällen bestehe Handlungsbedarf.
"In der EU erkranken jährlich 3,2 Millionen Menschen an therapieassoziierten Infektionen. Dies geschieht meistens während der Behandlung in Krankenhäusern, insbesondere auch in Deutschland. Das ist schlichtweg nicht hinnehmbar. Hygienemaßnahmen müssen in den Mittelpunkt der Ausbildung des Krankenhaus- und Pflegepersonals gerückt werden," sagte die CDU-Europaabgeordnete Renate Sommer .
Durch die wachsende Mobilität der Patienten wird die grenzüberschreitende Verbreitung dieser Infektionen zusätzlich begünstigt. "Heute ist es ganz normal, sich aus Kostengründen in einem anderen Mitgliedstaat behandeln zu lassen. Wenn ein Patient einen Erreger in sich trägt, breitet sich dieser schnell auch in einem anderen Mitgliedsland aus. Wegen der steigenden Anzahl antibiotikaresistenter Keime wird es aber immer schwieriger, diese Infektionen effektiv zu behandeln. Therapieassoziierte Infektionen sind deshalb bereits für 16 Prozent der Krankenhauskosten in der EU verantwortlich. Wir müssen viel mehr Geld in die Erforschung neuer Medikamenten investieren, und die Mitgliedstaaten sind aufgerufen, durch strengste Hygienevorschriften die Situation vor Ort zu verbessern", so Sommer.
Auch bei der Vergabe und Einnahme von Medikamenten werden viele Fehler gemacht. Insbesondere ältere Patienten, die oft eine Vielzahl von Arzneimitteln verschrieben bekommen, sind mit der korrekten Einnahme häufig überfordert. Daher müssen, wo immer möglich, auch die Angehörigen entsprechend informiert bzw. aufgeklärt werden. "Aber selbst im Falle ärztlicher Verschreibungen kann man sich auf die Sicherheit des Medikaments nicht immer verlassen. Zunehmend verschreiben Ärzte Medikamente, die eigentlich nur für ein anderes Krankheitsbild zugelassen sind. Grund für diesen "Off-Label Use" kann natürlich sein, dass ein spezifisches Medikament schlichtweg nicht existiert; allerdings spielt auch der Kostendruck in vielen Ländern eine erhebliche Rolle. Bei alternativer Verwendung besteht aber eine erhöhte Gefahr von Nebenwirkungen, die nie getestet wurden, und die Patienten werden über diese zusätzliche Gesundheitsgefährdung oft nicht aufgeklärt. Das sind unhaltbare Zustände.
Wir fordern deshalb, dass die Europäische Arzneimittelbehörde Richtlinien für die Verwendung sogenannter "Off-Label-Medikamente" entwerfen soll. Auch die Entwicklung eines EU-weiten Meldesystems über therapieassoziierte Zwischenfälle und bewährte Präventionstaktiken ist längst überfällig. Gleichzeitig müssen die Patienten besser über Risiken und über ihre Rechte aufgeklärt werden. Nur wenn Patienten den oft übertriebenen Respekt vor dem "weißen Kittel" ablegen und offensiv Fragen stellen, können Ärzte auf die individuellen Bedürfnisse eingehen," sagte die CDU-Europaabgeordnete.
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Dr. Renate Sommer MdEP, Tel. +33 388 17 7383