Türkeibericht: Sommer (CDU) kritisiert Forderung nach Eröffnung neuer Verhandlungskapitel

18.04.2013

Straßburg, 18.04.2013 - Die Türkeiexpertin der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Dr. Renate Sommer, übt scharfe Kritik am Entschließungsantrag des Europäischen Parlaments zum Fortschrittsbericht 2012 zur Türkei. Die Forderung nach der Eröffnung von fünf weiteren Verhandlungskapiteln sei angesichts der massiven Probleme in und mit der Türkei ein falsches Signal. Ein Land, in dem Grundrechte und -Freiheiten derart missachtet werden, dürfe nicht auch noch belohnt werden.

 "Seit Jahren führt die Türkei die EU an der Nase herum. Großmundig kündigt sie Reformen an, die, selbst wenn sie tatsächlich irgendwann auf dem Papier stehen, nur selten in die Realität umgesetzt werden. So hatte das Land schon den Beginn der Beitrittsverhandlungen erwirkt, obwohl diese eigentlich an die Erfüllung der politischen Vorbeitrittskriterien geknüpft waren. Das rächt sich heute: Das Land entfernt sich immer weiter von der EU. Grundrechte und -freiheiten werden massiv missachtet. Meinungs- und Pressefreiheit finden fast schon nicht mehr statt, und  Religionsfreiheit existiert schlichtweg nicht," erklärt Sommer.

Im weltweiten Vergleich ist die Türkei mittlerweile das Land mit der höchsten Anzahl inhaftierter Journalisten. Auch Studenten, Gewerkschafter und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen werden wegen regierungskritischer Äußerungen nach dem Anti-Terrorgesetz angeklagt und verurteilt.

"Gleichzeitig zeigt uns die Türkei, dass sie die EU in ihrer Gesamtheit und Integrität nicht anerkennt. Ein neuer Höhepunkt der Konfrontationspolitik war die Verweigerungshaltung  gegenüber der zyprischen Ratspräsidentschaft. Der Republik Zypern verweigert man fortgesetzt die Anerkennung, und für Erdogan besteht die EU nur aus 26 Mitgliedstaaten. Und durch das andauernde Hinauszögern der Ratifizierung des Rückübernahme-Abkommens mit immer neuen Zusatzforderungen an die EU versucht man, uns mit der illegalen Massenzuwanderung über das Hoheitsgebiet der Türkei unter Druck zu setzen und eine Visa-Liberalisierung zu erzwingen," so Sommer.

"Anstatt der Türkei mit der Aussetzung der Verhandlungen endlich einmal die rote Karte zu zeigen, spracht sich nun eine Mehrheit des Europäischen Parlaments für die Eröffnung von fünf weiteren Verhandlungskapiteln aus. Offenbar sind viele Abgeordnete bereit, für eventuelle wirtschaftliche Vorteile, z.B. Gaslieferungen über die Nabucco-Pipeline, deren Bau immer unwahrscheinlicher wird, ihre europäische Seele zu verkaufen. Das ist mehr als naiv und ein völlig falsches Signal an die Türkei. Es untergräbt die Glaubwürdigkeit der EU und kann zu einem Automatismus führen, der letztendlich nicht mehr aufzuhalten sein wird," erklärt Sommer abschließend.

Für weitere Informationen:
Renate Sommer MdEP Tel.: 0032-2-284-7383