Realschülern Zugang zum Beruf ermöglichen / Gesundheitsausschuss des Europaparlaments zu EU-Richtlinie Anerkennung Berufsqualifikationen
Aufatmen in Brüssel: Der Gesundheitsausschuss des Europaparlaments will auch weiterhin Schulabsolventen nach zehn Jahren allgemeiner Schulbildung den Krankenpflegeberuf ermöglichen. Die EU-Kommission hatte zur Überarbeitung der EU-Berufsanerkennungsrichtlinie vorgeschlagen, die Zugangsvoraussetzungen zur Krankenpflegeausbildung von zehn auf 12 Jahre Schulbildung anzuheben.
"Ein Vergleich von Äpfel und Birnen“, sagt die CSU-Europaabgeordnete Anja Weisgerber, Berichterstatterin des Gesundheitsausschusses zum Gesetzesvorschlag. „Verschiedene Schul- und Ausbildungstraditionen in Europa machen einen Vergleich der reinen Schuljahre unmöglich. Es kommt auf die Qualität an und da steht die deutsche berufsfachschulische Ausbildung sehr gut da. Auch in Zukunft sollen Realschüler Krankenschwester oder -pfleger werden können", so Weisgerber. "Der Mensch fängt nicht erst mit dem Abitur an. Als Arzt habe ich mit vielen Krankenschwestern zusammengearbeitet. Die gute Ausbildung und oft lange Berufserfahrung sind in vielen Situationen mehr wert als ein Abitur oder mein Medizinstudium", sagte der Arzt und CDU-Europaabgeordnete Peter Liese.
Der Gesundheitsausschuss schlägt vor, dass die Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung zur Krankenschwester oder zum Krankenpfleger mindestens 10 Jahre Schulbildung sein soll. Damit könnte das sehr erfolgreiche deutsche System erhalten bleiben. Durch die Formulierung "mindestens 10 Jahre" soll den Ländern, die heute bereits mehr als 10 Jahre allgemeine Schulbildung fordern, die Angst vor einer Herunterstufung genommen werden. „Wir haben in Deutschland eine sehr erfolgreiche duale Ausbildung. Unsere Jugendarbeitslosigkeitsquote liegt mit rund acht Prozent weit unter dem EU-Durchschnitt von rund 22 Prozent. Diesen bewährten Ausbildungsmodellen muss Rechnung getragen werden“, so Weisgerber und Liese.
In Deutschland besitzen rund 45 Prozent der Krankenschwestern und -Pfleger Abitur, in Bayern sogar nur 25 Prozent. Durch eine Anhebung der Zugangsvoraussetzungen würde in Deutschland ein gravierender Fachkräftemangel drohen. „Das würde gut jedem zweiten jungen Menschen, der bereit ist, in die Pflege zu gehen, den Zugang zum Berufsfeld versperrt. Die heutige Entscheidung ist ein starkes Signal für den Erhalt des deutschen Modells“, so Weisgerber und Liese. Die Abstimmung im federführenden Binnenmarktausschuss ist für Januar 2013 anberaumt.
Für weitere Informationen:
Dr. Anja Weisgerber MdEP, Tel. +32 2 284 7337, Dr. Peter Liese MdEP, Tel. +32 2 284 7981