Einen „durchgehenden Mangel an Nachhaltigkeit“, eine „weitgehende unsichtbare EU-Katastrophenhilfe“ und eine seit zwei Jahren von den Gebern entmündigte örtliche Verwaltung, die keine Verantwortung übernehmen darf und muss – das sind die alarmierenden Ergebnisse einer Delegationsreise des Haushaltskontrollausschusses in die haitianische Hauptstadt Port-au-Prince. Ziel der Reise war die Mittelverwendung der EU-Katastrophenhilfe und der bevorstehende Übergang zur Entwicklungshilfe. Nach dem verheerenden Erdbeben mit 300.000 Toten vor zwei Jahren hat die EU-Kommission auf der Internationalen Geldgeberkonferenz 522 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern zugesagt, von denen bis Ende 2011 rund 210 Millionen ausgezahlt wurden.
„Ohne grundlegende Änderungen geht es in Haiti nach dem bevorstehenden Auslaufen der Katastrophenhilfe wieder rückwärts“, so die Sprecherin der EVP-Fraktion im Haushaltskontrollausschuss, Inge Gräßle (CDU), die die 6köpfige Parlamentarierdelegation geleitet hat. Die Katastrophenhilfe brachten 2/3 der Haitianer Zugang zu Gesundheitsversorgung, vor dem Erdbeben waren es nur 1/3. Die Delegation fordert einen Überblick, was aus den bisherigen Entwicklungshilfeprojekten in Haiti geworden ist. Sie fordern auch Aufklärung, welche Maßnahmen seit dem Erdbeben zum Aufbau der Verwaltung Haitis ergriffen wurden. „Das Staatsversagen führt dazu, dass jeder dorthin baut, wo er Platz findet. Damit werden die gleichen Fehler, die zu der hohen Zahl von Toten geführt haben, wieder gemacht“, so Gräßle. „Keines der 18 Regierungsmitglieder Haitis ist für Wohnungsbau zuständig, obwohl immer noch 500.000 Menschen in Zelten leben.“ Es sei sehr wichtig, den Verwaltungsapparat und seine Kontrolle durch das Parlament zu stärken, um die Haitianer stärker in die Verantwortung für den Aufbau ihres Landes zu nehmen. Voraussetzung für mehr Budgethilfe sei die Übernahme eines Computersystems, mit dem die Mittelverwendung transparent gemacht werde.
Der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments wird nun einen Bericht über die Delegationsreise nach Haiti anfertigen, der in die Entlastung der EU-Kommission und des Europäischen Entwicklungsfonds einfliessen wird. Ein erstes Treffen der Delegation mit Entwicklungskommissar Piebalgs hat bereits stattgefunden.
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