Sachgerechte und
europarechtskonforme Regelung notwendig / Kann der deutsche Föderalismus das
leisten?
Der Abgeordnete Kurt Lechner (EVP/CDU) sieht in der
heutigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Sportwetten
-Monopol in Deutschland Anlass, die sachlich und europarechtlich völlig
unbefriedigende Situation grundlegend zu überprüfen.
Allerdings hat der EuGH in seiner heutigen Entscheidung
nicht definitiv und "expressis verbis" zur Frage der Vereinbarkeit
des Staatsvertrages mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit
Stellung genommen. Zum besseren Verständnis: 2004 trat ein Staatsvertrag
zum Lotteriewesen in Kraft, der durch eine Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts für grundgesetzwidrig
erklärt wurde, gleichwohl aber bis 31.12.2007 angewandt werden durfte.
Seit 2008 gibt es deswegen einen neuen Staatsvertrag, der im Jahr 2011
ausläuft. Mehrere Verwaltungsgerichte und auch das OVG Nordrhein-Westfalen
haben die Regelungen aus den früheren Jahren für unvereinbar mit der
Niederlassungsfreiheit und dem freien Dienstleistungsverkehr gehalten, wollten
sie aber dennoch und ausnahmsweise bis zum 1.1.2008 als wirksam gelten lassen;
eine Rechtsfigur, wie sie in Deutschland vom Verfassungsgericht öfter, so auch
in diesem Fall, angewandt wird. Diese Praxis hat der EuGH mit der heutigen
Entscheidung abgelehnt, ohne auf die Europarechtswidrigkeit selbst einzugehen.
Gleichwohl kann man aus den Entscheidungen der deutschen
Verwaltungsgerichte, den sonstigen Entscheidungen des EuGH und auch -zwischen
den Zeilen- aus der heutigen Entscheidung schlussfolgern, dass auch der
geltende Staatsvertrag gegen europäisches Recht verstößt. Selbstverständlich
kann der Spiel- und Wettmarkt nicht völlig sich selbst überlassen werden und
sind Schutzvorschriften notwendig. Der EuGH erkennt dies auch ausdrücklich an.
Aber die Schutzvorschriften müssen den heutigen technischen Gegebenheiten (Internet)
Rechnung tragen, und nicht über das Maß hinausgehen, was unter Berücksichtigung
der sachlichen Gegebenheiten und der Eigenverantwortung der Bürger zweckmäßig,
erforderlich und angemessen ist. Jedenfalls darf nicht das finanzielle
Interesse der Bundesländer an Einnahmen der entscheidende Gesichtspunkt sein.
In diesem
Zusammenhang ist nach Meinung Lechners auch die Frage nach dem Verfahren
in Deutschland aufzuwerfen. Wenn Sinn des Föderalismus ist, dass bürgernah und von der Vertretung der
Bürger in den Bundesländern, nämlich den Landesparlamenten, Entscheidungen
getroffen werden, dann kann es nicht sein, dass eine so wichtige Frage wie die
Ausgestaltung des Glücksspiels durch die Bürokraten der Staatskanzleien und
Absprachen zwischen Ministerpräsidenten entschieden und Staatsverträge
abgeschlossen werden, die schlussendlich von den Landesparlamenten nur noch
abgenickt werden können.
Hier wird der
Sinn von Föderalismus und Subsidiarität konterkariert.
Für den
Bürger ist nicht nachvollziehbar, wer für solche Entscheidungen verantwortlich
ist, und er kann auch niemanden zur Rechenschaft ziehen, weil seine
Ansprechpartner sich hinter Staatsverträgen verschanzen. Wenn, wofür
manches spricht, Regelungen zum Glücksspiel auf der Ebene der Länder nicht
sinnvoll unterschiedlich getroffen werden können, dann wäre es demokratischer
und transparenter, wenn die Entscheidung im Bundestag gefällt würde.
Für
weitere Informationen:
Kurt Lechner MdEP,
Tel. +32 2 284 7826