Markus Pieper (EVP/CDU): Aus Griechenland-Krise nichts gelernt

06.05.2010

Europaparlament lehnt Reduzierung der Türkei-Vorbeitrittshilfe ab / CDU/CSU 2001 gegen Beitritt Griechenlands zur Eurozone

Das Europaparlament hat eine Forderung des Haushaltkontrollausschuss nach einer Reduzierung der finanziellen EU-Vorbeitrittshilfe für die Türkei abgelehnt. Knapp verworfen wurde auch die Empfehlung des Ausschusses (319 zu 283), mit der Vorbeitrittshilfe nicht nur das Ziel einer EU-Mitgliedschaft sondern auch spezielle Formen der Nachbarschaft zu unterstützen. Der Europäische Rechnungshof hatte zuvor die EU-Heranführungshilfe als ineffizient und wenig kontrollierbar kritisiert.

Der Europaabgeordnete Markus Pieper (CDU) spricht angesichts der gescheiterten Abstimmung von der "europatypischen Augen zu und durch Strategie". Die Defizite seien zwar offensichtlich und würden beklagt. Aus Gründen der gegenseitigen Rücksichtname würde aber keine Konsequenzen gezogen. Dieses "Stillhalten" ist auch für die Griechenlandkrise mitverantwortlich. Die strenge Einhaltung von Transparenz sowie von Beitritts- und Stabilitätskriterien sei jedoch entscheidend für den Zusammenhalt Europas, so Pieper. Deshalb müssten Fehlentwicklungen wie bei der Vorbeitrittshilfe gestoppt und korrigiert werden. Ansonsten drohe nach Finanz- und Währungskrise das Erweiterungschaos. In dieser Form sei die Heranführungshilfe für die Türkei eine gigantische Fehlinvestition, kritisiert Pieper auch das Abstimmungsverhalten des rot-grünen Lagers im Europaparlament. Aus der Griechenland-Krise haben sie nichts gelernt, sagte Pieper heute in Brüssel.

Schon 2001 hätten Grüne und Linke den Beitritt Griechenlands zur Eurozone gegen die Stimmen von mehr als 200 Abgeordneten (darunter CDU/CSU) durchgesetzt. Im Rat habe die SPD-geführte Schröder Regierung zugestimmt. Umso ärgerlicher sei es, heute die Kohlen aus dem Feuer holen zu müssen.

Hintergrund
Von 2007 bis 2013 soll die Türkei insgesamt 4,8 Milliarden Euro an Vorbeitrittshilfen von der Europäischen Union erhalten (mehr als die Mitglieder Estland und Lettland an EU-Geldern erhalten). In seinem Sonderbericht hatte der Europäische Rechnungshof festgestellt, dass weder ausreichende Zielsetzungen definiert, noch eine Konzentration der Gelder auf Prioritäten erkennbar sei. Angesichts fehlender Indikatoren ließe sich auch ein Erfolg der Zahlungen nicht feststellen. "In den sechs Jahren des Bestehens der Heranführungshilfe der EU für die Türkei wurde kein System geschaffen, das die Ex-post-Bewertung einzelner Projekte oder die Wirksamkeit des Programm insgesamt im Hinblick auf das Erreichen der Prioritäten der Beitrittspartnerschaft und die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum EU-Beitritt ermöglicht", so der Rechnungshof.

Pieper, der im Haushaltskontrollausschuss des Parlaments Berichterstatter für die Heranführungshilfe ist, kritisiert die Vorbeitrittshilfe für die Türkei "in dieser Form als Fehlinvestition." So werde das Geld für "irgendetwas" ausgegeben. Projekte etwa für die Landwirtschaft würden ohne jegliche Indikatoren oder Referenzdaten durchgeführt. Ein Vergleich zu EU-Maßstäben sei auch bei anderen Projekten unmöglich. Indem die Kommission diese Verschleierung und Projektwillkür zulasse, ignoriere sie die Beitrittsbedingungen und trage Mitverantwortung für das derzeitige Beitrittschaos, so Pieper. Will man hier Fortschritte, muss man Probleme beim Namen nennen und nicht mit immer mehr Geld und immer weniger Kriterien kaschieren.

Weitere Informationen:
Büro Dr. Markus Pieper MdEP, Tel: +32 2 28 47305