DTP-Verbot verletzt Minderheitenrechte / EU belohnt Ankaras Rechtsbruch
Scharfe Kritik übte das Europaparlament an der Türkei: Anlässlich des Verbots der pro-kurdischen DT-Partei im Dezember vergangenen Jahres hatten die Abgeordneten eine Debatte mit Vertretern des Rates und der Kommission einberufen. Trotz der Verletzungen europäischer Grundwerte durch die Türkei wollen Kommission und Rat die Verhandlungen mit der Türkei unbeirrt weiter vorantreiben.
"Kommission und Rat ignorieren unsere Beitrittskriterien und machen sich so zum Gespött der türkischen Regierung. Das Verbot der DT-Partei kurz vor der Weihnachtspause legt nahe, dass die politische Aufmerksamkeit in der EU bewusst vermieden werden sollte. Dabei sind das Parteiverbot, die Inhaftierung von 1200 Parteimitgliedern sowie die Amtsenthebung mehrerer gewählter DTP-Bürgermeister ein inakzeptabler Angriff auf das demokratische Grundrecht der Organisationsfreiheit", kritisiert die CDU-Europaabgeordnete Renate Sommer.
Allein in den letzten zehn Jahren wurden in der Türkei 27 politische Parteien verboten. Die pro-kurdische DTP vertritt 12 bis 15 Millionen Kurden und somit fast 20 Prozent der Bevölkerung. Das Verbot ist eine klare Verletzung der Rechte ethnischer Minderheiten.
"Die von Ministerpräsident Erdogan angekündigte demokratische Öffnung gegenüber den Kurden gerät damit zur bitteren Lachnummer. Durch vollmundige Ankündigungspolitik in der Innen- und Außenpolitik versucht die türkische Regierung, die Verletzung von Menschenrechten und demokratischen Grundwerten zu verschleiern. Dabei sind Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit und die Diskriminierung religiöser Minderheiten noch immer an der Tagesordnung. Dazu versucht die AKP-Regierung unter dem Deckmantel der Wahrung individueller Grundrechte eine Islamisierung des Landes voranzutreiben. Der Versuch, das Kopftuchverbot in öffentlichen Gebäuden aufzuheben, ist nur ein Beispiel", so Sommer.
"Die mangelnden Fortschritte beweisen einmal mehr, dass der von der Kommission propagierte Ansatz der 'Soft Power' keine Wirkung zeigt. Die Frist für die Umsetzung des Ankara-Protokolls ist erneut ohne Konsequenzen verstrichen. Die Ankündigung der spanischen Präsidentschaft, schnell weitere Verhandlungskapitel eröffnen zu wollen, dürfte die türkische Regierung in ihrer Verweigerungshaltung bestätigen. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass der designierte Erweiterungskommissar Füle einen weniger 'soften' Kurs einschlägt und die türkische Regierung klar in ihre Schranken weist. Meine Zuversicht hält sich allerdings in Grenzen", sagte die CDU-Europaabgeordnete.
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