Dr. Renate Sommer (EVP/CDU): Gemischter Ausschuss EU/Türkei: Stillstand auf allen Ebenen

27.10.2009

Heute ging die 62. Sitzung des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses (GPA) des Europäischen Parlaments und der Großen Türkischen Nationalversammlung in Ankara zu Ende. Neben dem allgemeinen Stand der Beitrittsverhandlungen wurde die Rolle der Türkei für die Versorgungssicherheit auch der EU mit Energie, die Entwicklungen im Nahen Osten und dem Kaukasus sowie die Erleichterung der Visabestimmungen für Reisen türkischer Staatsangehöriger in die EU diskutiert. Trotz des auslaufenden Ultimatums für die Unterzeichnung des Ankaraprotokolls zeigen sich die türkischen Vertreter auch weiterhin unversöhnlich.

Dominante Themen der Sitzung waren die aktuelle Einschränkung der Pressefreiheit sowie die immer noch ausstehende Unterzeichnung des Ankara-Protokolls. Die scharfe Kritik der Europäischen Kommission und europäischer Abgeordneter an der unverhältnismäßig hohen Steuerstrafe gegen die Dogan-Mediengruppe wurde  von den türkischen Abgeordneten immer wieder als normales Steuerverfahren abgewiegelt.

"Die Äußerung von EU-Minister Bagis, die Dogan-Gruppe könne ja ohne weiteres die Strafe bei Gericht anfechten, ist blanker Hohn," so Dr. Renate Sommer, Türkeiexpertin der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. "Gerade erst wurde im Türkei-Fortschrittsbericht die Unabhängigkeit der Gerichte angezweifelt. Außerdem hat die Türkei in jüngster Vergangenheit  mehrfach demonstriert, dass die Wahrung der Pressefreiheit keine Priorität hat. Erst kürzlich weigerte sich die türkische Regierung, eine diesbezügliche Erklärung auf Initiative der schwedischen Ratspräsidentschaft zu unterzeichnen.

Auch die Reaktionen auf die Forderung nach Unterzeichnung des Ankara-Zusatzprotokolls zeigen, dass die Türkei hierzu nicht gewillt ist Mit Verweis auf den bilateralen Charakter der Verhandlungen wurde versucht, das Thema im Keim zu ersticken. Allerdings sind auch von Seiten des Ministerrates wieder einmal  keine Konsequenzen zu erwarten, denn die EU-Kommission warnt vor einem völligen Stillstand in den Beziehungen zur Türkei, falls  weitere Verhandlungskapitel eingefroren würden."

Ein weiteres Thema der Sitzung war der Schutz von Minderheiten. In ausführlichen Gesprächen berichteten Vertreter der Zivilgesellschaft über die Diskriminierung von Kindern, Migranten und religiösen Minderheiten. Hier kam es zu einer ungeheuerlichen Äußerung eines rechtsextremen Europaabgeordneten, die Sommer folgendermaßen kommentiert:

"Leider hat die Äußerung des Vertreters der rechtsextremen Partei aus den Niederlanden, Barry Medlener, gezeigt, dass wir uns auch in Europa weiterhin für diese Rechte einsetzen müssen. Die Behauptung, Muslime würden nicht in die EU passen, zeugt von einem Unverständnis gegenüber unseren europäischen Grundwerten, denn Religionsfreiheit ist uns ein unverzichtbares Gut!"

"Insgesamt fällt das Ergebnis der Sitzung erneut ernüchternd aus. Die endlose Aneinanderreihung von politischen Statements unterschied sich in keiner Weise von früheren Sitzungen. Ein vernünftiger Austausch war unmöglich. Und da nicht zu erwarten ist, dass der Stillstand in der Zypernfrage Konsequenzen haben wird, werden wir uns auch in der Türkeifrage weiter im Kreis drehen", so Sommer abschließend.

Für weitere Informationen:
Büro Dr. Renate Sommer, MdEP, Tel: +32 2 284 7383