Neuer Vorschlag der EU-Kommission könnte im Notfall Panikreaktionen auslösen / Gegen neue Kompetenzen für Brüssel / Korrekturbedarf
Die Europäische Kommission hat vor dem Hintergrund der wiederholten Streitigkeiten zwischen Russland und der Ukraine um den Gastransit heute einen Vorschlag für eine neue Verordnung über die Erdgasversorgungssicherheit vorgelegt. Zusammen mit dem Beschluss, die Nabucco-Pipeline zu bauen, wird der Vorschlag von der Kommission als wichtigen Schritt hin zu einer stärkeren Versorgungssicherheit gefeiert.
"Der Teufel steckt wie immer im Detail", sagte der frisch gewählte Vorsitzende des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie des Europaparlaments, Herbert Reul (CDU). So möchte die Kommission die Schwelle für den Versorgungsnotstand auf einem Ausfall in Höhe von zehn Prozent der täglichen Importmenge absenken. Die EU ist zu rund 60 Prozent von Erdgasimporten abhängig. "Dies bedeutet, dass bereits der Ausfall einer großen Pipeline eine Notsituation auslösen würde. Mit dieser Definition hat es sich die Kommission viel zu leicht gemacht. So sind weder die Eigenproduktion der EU noch die Speicherstände berücksichtigt. Dabei wird gerade der Ausbau solcher Speicher in den letzten Jahren forciert. Auch auf den Grund für einen Ausfall nimmt die Definition keinerlei Rücksicht. Bei einem wartungsbedingten Ausfall einer Pipeline einen Notfall auszurufen, ist absurd", so Reul.
"Die Kommission versucht erneut, ihre Machtfülle auszudehnen. So will sie sich für den Notfall umfangreiche Koordinierungsrechte vorbehalten. Wir müssen aufpassen, dass im Notfall nicht alle Kompetenzen nach Brüssel gehen. Eine Koordinierung ist gut und richtig. Aber hier wäre es sinnvoll, die Experten der Gaskoordinierungsgruppe zu stärken und nicht die Kommission", sagte der CDU-Europaabgeordnete.
Außerdem räumt der Vorschlag den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Möglichkeit ein, analog zu Erdöl und Erdölprodukten strategische Gasspeicher einzurichten. Dies sei ein möglicher erster Schritt hin zu einer Mindestvorratshaltung. "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass dies dem Markt Erdgas entzieht, was zu Preiserhöhungen führen wird. Die Erdgasspeicherung ist etwa fünf Mal so teuer, wie die Lagerung von Erdöl. Ähnlich verhält es sich mit anderen Bestimmungen, etwa dem so genannten Reverse Flow. Hier ist noch völlig unklar, wer für die Kosten aufkommen soll. Wir werden im Europaparlament mit dem Vorschlag sicher noch eine Menge Arbeit haben", so der Vorsitzende des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie.
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