Behandlungen auch im EU-Ausland möglich / Problematische Forderung bei seltenen Krankheiten / Europaparlament entscheidet in erster Lesung
Patienten dürfen sich künftig auch im EU-Ausland behandeln lassen. Das Europaparlament verabschiedete heute in erster Lesung eine neue EU-Richtlinie. Medizinische Dienstleistungen wie etwa die Anfertigung eines Hörgerätes, aber auch Operationen können innerhalb der EU in Anspruch genommen werden. Die Kosten dafür muss die heimische Krankenkasse übernehmen. Damit wird eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs von 2006 umgesetzt, die in einigen Mitgliedstaaten noch nicht oder nur unzureichend Realität ist.
"Die bisherige Situation hat viele Patienten insbesondere aus Spanien oder Großbritannien benachteiligt. Sie müssen behandelt und nicht an ein Gericht verwiesen werden. Die Richtlinie bringt neue Chancen für 4,4 Millionen Beschäftigte im deutschen Gesundheitswesen. Das sind mehr als in der Automobilindustrie. Noch ist das deutsche Gesundheitswesen auf einem relativ hohen Niveau und im Ausland attraktiv. In Großbritannien gibt es Wartelisten für lebensnotwendige Operationen. Hier wird die Richtlinie viel in Bewegung bringen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament und Arzt, Peter Liese.
In einer zweiten Entschließung unterstützen die Abgeordneten eine Initiative, die Patienten mit seltenen Krankheiten helfen soll. Seltene Krankheiten können nur europäisch wirkungsvoll behandelt werden, da es in einem Land alleine weder genügend Experten noch ausreichend Patienten gibt, um neue Therapien zu erforschen. Für Aufregung sorgte ein Antrag des Berichterstatters Trakatellis, der von Sozialdemokraten, Kommunisten und Liberalen unterstützt und angenommen wurde. Dieser Antrag fordert die Verhinderung von genetisch bedingten Erkrankungen unter anderem durch "Selektion" von Embryonen. Kirchen und Behindertenverbänden, aber auch die Deutschen Gesellschaft für Humangenetik hatte dagegen protestiert.
"Ich appelliere dringend an die Bundesregierung und die anderen Mitgliedstaaten, diese Forderung nicht zu übernehmen. Das psychologische Signal der Mehrheit des Parlamentes gegen die christdemokratische EVP-Fraktion ist trotzdem schlimm. Humangenetische Beratung muss Paare unterstützen und darf sie nicht in eine Richtung drängen, keine Kinder zu bekommen oder nicht perfekte Embryonen auszusortieren", so Liese, der auch Vorsitzender der Arbeitsgruppe Bioethik der größten Fraktion im Europäischen Parlament ist.
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