Renate Sommer (EVP-ED/CDU): EU-Erweiterungskommissar abschaffen!

02.04.2009

Die 61. Sitzung des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses (GPA) des Europäischen Parlaments und der Großen Türkischen Nationalversammlung befasste sich in dieser Woche neben der Frage von Visabestimmungen für Reisen türkischer Staatsangehöriger in die EU, Energiefragen und der Rolle der Türkei im Nahen Osten auch mit der innenpolitischen Situation in der Türkei. Trotz größter Kritik wegen fortschreitender Einschränkungen der Grundfreiheiten will EU-Erweiterungskommissar Rehn die Beitrittsverhandlungen beschleunigen und die EU-Mitgliedschaft der Türkei durchsetzen.

Hierzu äußerte sich die Vizepräsidentin des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Türkei, Dr. Renate Sommer, MdEP (CDU), wie folgt:
"Es gibt nicht nur seit Jahren Reformstillstand in der Türkei, sondern eine  besorgniserregende Rückentwicklung in den bürgerlichen Grundfreiheiten. Zwar gibt sich der türkische Europaminister Bagis zuversichtlich, die nächsten Etappen auf dem Weg zu einer EU-Mitgliedschaft leicht meistern zu können. Derartige Absichtserklärungen sind aber immer nur Makulatur gewesen. Die lange angekündigten 30 Gesetzesentwürfe, die den Reformprozess wieder in Gang bringen sollen, hat das türkische Parlament noch immer nicht zu Gesicht bekommen.
Sogar der kritikscheue EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn brachte in dieser GPA-Sitzung seinen Unmut über die Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei zum Ausdruck. Auslöser ist die völlig unverhältnismäßige Steuerstrafe, die die türkische Finanzbehörde über die oppositionelle Dogan-Mediengruppe verhängte und die das Überleben einer der wichtigsten Medienanstalten gefährdet. Auch die fortdauernden Repressalien gegen religiöse Minderheiten, die nachhaltig schlechte Situation der Frauen in der Türkei sowie die Zypern-Problematik sprach Rehn an.
Trotz all dieser Defizite aber betonte der Erweiterungskommissar seine feste Absicht, weiterhin auf einen schnellen EU-Beitritt des Landes hinzuarbeiten. Den just kritisierten Reformstillstand entschuldigte er genauso schnell mit der "energiezehrenden" Wahlkampfsituation und den Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag, wie er zuletzt das Verbotsverfahren gegen die regierende AK-Partei als Grund angeführt hatte. Rehn betreibt damit eine Rechtfertigung vor sich selbst, weil er als EU-Erweiterungskommissar keine Erfolge vorzuweisen hat. Nur die umstrittenen Kandidaten Bulgarien und Rumänien sind in seiner Amtszeit der EU beigetreten - nicht gerade ein großer Verdienst. Mit der Türkei will er sich ein Denkmal setzen - auf Kosten der gesamten EU, die dieses nicht anpassungswillige Land nicht verkraften würde. Egal: Erweiterung ist das Geschäft eines Erweiterungskommissars. Und genau das ist auch das Problem! Jeder weiß, dass wir uns maximal noch Kroatien 'leisten' können. Die Vorarbeiten für diesen vorerst letzten Beitritt sind so gut wie erledigt. Wir sollten im Interesse der EU endlich darüber nachdenken, die Position des EU-Erweiterungskommissars abzuschaffen!"
 
Für weitere Informationen:
Büro Dr. Renate Sommer, MdEP, Tel.: +32 2 284 7383