Die stellvertretende Vorsitzende des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-Türkei, Dr. Renate Sommer, MdEP, hat scharfe Kritik an der Ausrichtung des Weltwasserforums durch die türkische Regierung in Istanbul geübt. Beim Bau der insgesamt 22 geplanten Staudämme des Südost-Anatolienprojektes verletze die türkische Regierung systematisch alle Auflagen im Umwelt-, Kultur- und Umsiedlungsbereich. Die Bundesregierung hatte deshalb sogar die deutschen Exportkreditgarantien für das Ilisu-Staudammprojekt ausgesetzt.
"Die Ausrichtung des Weltwasserforums durch die Türkei ist an Zynismus kaum zu überbieten. Die türkische Regierung selbst schert sich beim Bau von Staudämmen und Wasserkraftwerken weder um Umweltzerstörungen noch um Verletzungen der Menschenrechte", erklärte Sommer. Allein im Rahmen des Ilisu-Staudammprojekts sind 43.000 Personen von Enteignung und Zwangsumsiedlung betroffen. Der Ort Ilisu ist durch das Militär großräumig abgeriegelt und Demonstranten werden sogar unter dem Vorwurf des Terrorismus festgenommen.
Auch während des nun stattfindenden Weltwasserforums zeige sich die mangelnde Kritikfähigkeit der türkischen Regierung. Bereits am ersten Tag des Forums wurden 19 friedliche Demonstranten ohne Angabe von Gründen festgenommen. Andere Demonstranten wurden mit Tränengas brutal zurückgedrängt. Selbst die Internationale Organisation zum Schutz für das Weltkulturerbe der Vereinten Nationen, UNESCO, die während des Forums auf die Zerstörung einzigartiger Kulturgüter der Türkei durch den Bau der Staudämme aufmerksam machen wollte, musste ihre Präsentation auf Druck der türkischen Regierung zurückziehen.
"Die Aufforderung des türkischen Präsidenten Gül, wir müssten wegen der Versorgungsengpässe bei Wasser alle zu Umweltschützern werden, ist blanker Hohn angesichts der Realität in der Türkei. Ein Viertel des Trinkwassers in der Türkei verschwindet durch Diebstahl und undichte Leitungen. Die Aufstauung des Wassers in zahlreichen Staudämmen führt darüber hinaus zu erheblicher Wasserverschmutzung und zur Vernichtung von fruchtbarem Ackerland. Die geplanten Staudämme in den Munzur- und Pülümür-Tälern werden einzigartige Tier- und Pflanzenwelten unwiederbringlich vernichten. Als Folge der Aufstauung des Tigris durch den Ilisu-Damm wird ein wertvolles Sumpfgebiet trocken fallen, und den Nachbarstaaten Syrien und Irak das Wasser regelrecht abgegraben. Die Wahl der Türkei als Gastgeberland ist absolut unverständlich", so Sommer abschließend.
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