Wirtschaftsausschuss entschärft Kommissionsvorschläge / Effektive Rechtsdurchsetzung ja, aber keine Klageindustrie in Europa
Im Europaparlament gibt es Widerstand gegen Sammelklagen nach US-Vorbild. In einer Entschließung zum Weißbuch der Kommission zu Schadensersatzklagen bei Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts plädiert der Wirtschaftsausschuss zwar für eine Stärkung der Rechte von Kartellopfern. "Wir wollen die Ideen der Kommission aber in vernünftige Bahnen lenken. Auch in Europa muss jedes Opfer von Wettbewerbsverletzungen seinen Schaden ersetzt bekommen können, nur dürfen die in den USA bekannten Auswüchse nicht importiert werden. Diese gelbe Karte muss die Kommission beachten, wenn sie mit konkreten Vorschlägen aufwarten will. Rechtsdurchsetzung ja, aber keine Klageindustrie. Ansonsten droht die rote Karte", erklärt der Berichterstatter und rechtspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Klaus-Heiner Lehne (CDU).
Die Abgeordneten wollen, dass die behördliche Kartellrechtsdurchsetzung im Vordergrund bleibt. "Die Kommission spricht immer nur von Sammelklagen. Dies entbindet sie aber nicht von der Aufgabe, für die Einhaltung der europäischen Wettbewerbsregeln zu sorgen. Außerdem hat sie aus den Augen verloren, dass Opfern über ein Vergleichsverfahren oft schneller und kostengünstiger geholfen werden kann. Eine Sammelklage muss ultima ratio bleiben. Ein Opt-out ist mit dem Europäischen Parlament dann aber nicht zu machen. Eine Klage für namentlich unbekannte Opfer von Wettbewerbsverletzungen darf es nicht geben. Wir lehnen auch ab, dass ein beklagtes Unternehmen über weitreichende Offenlegungspflichten gezwungen werden kann, Geschäftsgeheimnisse preiszugeben. Es muss der bewährte Grundssatz gelten: Der Kläger hat den Beweis anzutreten", fordert Lehne.
"Gegenwärtig arbeitet neben der Generaldirektion Wettbewerb auch die Generaldirektion Verbraucherschutz an Sammelklagen. Ein bloßes Lippenbekenntnis der Kommission, die Arbeiten zu koordinieren, reicht uns nicht aus. Um eine Zersplitterung des europäischen Prozessrechts zu vermeiden, ist ein horizontaler Ansatz unumgänglich. Die Arbeiten müssen zusammengeführt werden", fordert Lehne. "Diese Forderung sichert auch die Beteiligungsrechte des Europäischen Parlaments. Kommission und Rat dürfen nicht im Hinterzimmer die Einführung von Sammelklagen beschließen, ohne die gewählten Volksvertreter im Mitentscheidungsverfahren zu beteiligen".
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